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Was
sind die Vorteile eines freien Verlags?
Die Vorteile sind sowohl persönlicher,
als auch ideeller Natur: Persönliche Vorteile
sind: Unabhängigkeit, Freiheit in der
Zeitgestaltung und Flexibilität. Die Vorteile
ideeller Natur sind, dass man sich die
Themen aussuchen kann, die einen interessieren.
Man muss mit kaum jemandem Rücksprache
halten, ob nun ein Artikel über diesen
oder jenen Künstler oder auch ein sozialpolitisches
Thema erscheinen darf oder nicht.
Sie können ehrlicher
schreiben?
Ja, fast immer. Das macht auch den großen
Sinn dieser Arbeit, man muss sich nicht
verdrehen.
Sie haben zum
Beispiel sehr kritisch zur Eröffnung des
Buchheim-Museums in Bernried geschrieben,
das haben andere Zeitungen tunlichst vermieden.
Fällt Ihnen darüber hinaus noch ein anderes
Beispiel ein, wo Sie etwas wagen konnten,
was andere Verlage nicht gekonnt, Redakteure
nicht gedurft hätten?
Wir haben vor einiger Zeit über die
sogenannte "Madonna von Wolfratshausen"
berichtet, die der Bildhauer Anton Ferstl
geschaffen hat. Diese sehr freizügig gestaltete
Figur hat der katholischen Kirche, aber
auch sehr vielen Bewohnern von Wolfratshausen,
gar nicht gefallen. Aber die Berichterstattung
darüber war keinesfalls kritisch oder
ironisch. Da konnten wir erheblich freier
auftreten als so mache Tageszeitung. Zum
Buchheim-Museum, dies ist das neueste
Beispiel für eine sehr freie Berichterstattung.
Denn man kann sagen, ganz Bayern hat auf
dieses Museum gewartet. Endlich war es
da und jeder lobte es in den Himmel, nur
ganz wenige haben es gewagt, gegen die
Sammlung und auch gegen das Museum zu
schreiben. Ich erinnere mich an Herrn
von Sonnenburg, der früher die Staatsgemäldesammlungen
in Bayern leitete, der zu Buchheim sagte:
Meine Güte, die Buchheim-Sammlung ist
eine unter vielen. Das heißt: kritische
Betrachtung fand zu keiner Zeit statt,
außer in ein, zwei überregionalen Zeitungen,
die sich auch über die Architektur gewundert
hatten. Da hat es in der Tat Freude gemacht,
in dieser kleinen unabhängigen Zeitung
sehr kritisch zu berichten.
Dafür
wird Ihnen Ihre Leserschaft sicher dankbar
sein. Jetzt haben wir viel über die Vorteile
eines freien selbständigen Verlages gehört,
was gibt es für Nachteile?
Mit Sicherheit verdient man weniger
als in einer festen Anstellung bei einer
großen Zeitschrift oder Zeitung. Es ist
auch schwieriger, sich sozial abzusichern,
man ist eben nicht automatisch gesetzlich
renten- oder krankenversichert, für all
diese Dinge muss ich selber sorgen. Ansonsten
- wenn man dazu geboren ist, oder dazu
neigt, unternehmerisch tätig zu sein,
beschränken sich die Nachteile eigentlich
auf diese beiden Aspekte. Natürlich verdient
man weniger, um es aber auch klar einzugrenzen,
das deutsche Steuersystem, das ja im Moment
sehr in der Kritik steht, ermöglicht sehr
viele Vorteile. Man kann sein Auto absetzen,
und ähnliches.
Würden Sie jemand,
der sich mit dem Gedanken trägt, sich
selbständig zu machen, der aus dem Journalismus
kommt, dazu raten, einen eigenen Verlag,
eine eigene Zeitschrift ins Leben zu rufen?
Unter ganz bestimmten Voraussetzungen
würde ich dazu raten, sich selbständig
zu machen, allein schon deshalb, weil
einem keiner fortan mehr reinredet. Es
gibt kein Mobbing mehr, keine Intrigen.
Aber die Voraussetzungen müssen erfüllt
sein. Ein gewisses unternehmerisches Talent
muss vorhanden sein und auch eine gewisse
Unabhängigkeit. Wenn man eine Familie
zu ernähren hat, ist das Risiko sicher
viel höher als bei mir. Wenn man sich
anstrengt, wird man immer genug zu arbeiten
haben, man wird genug verdienen können,
um leben zu können. Man wird nicht unbedingt
ein großzügiges Leben führen, aber man
wird ein inhaltsreiches, sehr individuelles
ureigenes Leben führen können.
Waren oder sind
Sie Mitglied in einer Gewerkschaft?
Ich war während der Zeit, als ich journalistisch
tätig war, natürlich in der Gewerkschaft
organisiert. Das kann ich Journalisten
wirklich empfehlen, allein schon wegen
der sehr guten Rechtsberatung und vielem
mehr. Wenn man aber Verleger und Herausgeber
wird, ist man halt kein Journalist mehr,
deshalb habe ich die Mitgliedschaft dann
niedergelegt. Das hängt damit zusammen,
dass gewisse Absicherungen früher durch
die Mitgliedschaft geleistet wurden, die
für mich als Unternehmer aber keine Rolle
mehr spielen. Als normaler Journalist
wäre ich natürlich wieder Mitglied der
dju.
Herr Boes, kennen
Sie noch andere freie Kultur-Verlage im
bayerischen Raum und kooperieren Sie gegebenenfalls?
Das mit der Kooperation ist schwierig.
Es gab insgesamt neun Versuche zu KulturLand,
früher hieß es Stadt&Land, Konkurrenzblätter
aufzubauen. Mit denen habe ich natürlich
nicht kooperiert, sondern die habe ich
überlebt. Es gibt heute eine sehr schöne
Zeitschrift eines Kleinverlegers, der
ähnlich vorgeht wie ich, in Bad Tölz,
den Isarkiesel. Dieser Zeitschrift, die
es seit zwei Jahren gibt, merkt man genauso
an, dass es sehr schwierig ist, etwas
derartiges aufzubauen, aber sie scheint
durchzuhalten, was mich sehr freut. Daneben
gibt es im oberbayerischen Raum immer
noch eine Großzahl sehr kleiner Buchverlage,
die auf editorische Art und Weise wichtige
Publikationen herausgeben. Da zeigt sich,
wie sich der Kreis schließt.
Die Schwerpunkte
Ihrer Zeitung liegen bei Theater-, Musik-
und Ausstellungsberichterstattung. Gibt
es noch weitere Themen?
Auch Kulturpolitik und Gesellschaftspolitik
sind wichtige Themen. Es gibt gerade ein
wunderbares Beispiel, wie sich so etwas
äußern kann: Wir berichten beispielsweise
sowohl über Ludwig Erhard, als auch über
die Folgen der Globalisierung für eine
oberbayerische mittelgroße Stadt, nämlich
Schongau, die fast kein Kulturprogramm
aufgrund ausbleibender Steuereinnahmen
mehr finanzieren kann. Die politischen
Themen haben mich von jeher interessiert.
Ich bin selber politisch aktiv als Sprecher
eines Ortsverbandes und würde mich gerne
um Kulturpolitik auf Bezirksebene kümmern.
Haben Sie neue
Pläne für die Ihre Zeitschrift?
Eine Idee ist, dass sich über die Zeitschrift
hinaus kleine Fachpublikationen entwickeln
lassen könnten. Die wird es bald geben,
darum führen wir immer auch den Begriff
Edition im Namen.
Wir wünschen
Ihnen viel Glück für die nächsten Ausgaben
von KulturLand und bedanken uns für das
Gespräch.
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