dju home
dju
aktuelles
aktuelles
at work
at work
service
service
home
impressum
kontakt
verdi

verdi home

freie honorare
dju bayern dju news berufsbilder presseausweis
mitgliedschaft medienwelt ressorts links
wir Ÿber uns nachwuchs betriebsrat
medien bayern
geschichte
 

 

Interview
mit Ingeborg Weber, ehemalige DJU-Vorsitzende

Interview mit
Dieter Lattmann,
Mitbegründer des
Deutschen
Schriftstellerverbands

Links und Literatur
zum Thema

 
 
 
 
 
 
 


"Wir wollten Stellung beziehen, aktiv eingreifen, und das taten wir auch"

Martina Marschall sprach mit Ingeborg Weber, ehemalige DJU-Vorsitzende in München

Ingeborg Weber im April 2002Ingeborg Weber ist Journalistin. Sie wurde 1934 in Stade geboren. Nach dem Abitur volontierte sie zweieinhalb Jahre an verschiedenen norddeutschen Tageszeitungen. 1957 Übersiedlung nach München. Hier zunächst Arbeit als freie Journalistin, später bei der Münchner Abendzeitung und bei der Frauenzeitschrift Yasmin, bis 1994 als Redakteurin bei der freundin/ Burda-Verlag. Im Hause Burda engagierte sie sich im Betriebsrat, war zeitweise freigestellte Betriebsratsvorsitzende. Seit 1968 ist sie Gewerkschaftsmitglied. Sie war fast zehn Jahre dju-Vorsitzende in München und sechs Jahre Mitglied des Bundesvorstandes ihrer Fachgruppe. Heute macht sie Dokumentarfilme, zuletzt entstand ein Portrait über Angela Davis. Im Moment arbeitet sie an einem Film über Volker Schlöndorff. Ingeborg Weber lebt im Münchener Stadtteil Lehel. Der neue Roman von Erasmus Schöfer "Ein Frühling irrer Hoffnungen", der die linke Szene des Jahres 1968 beschreibt, spielt in ihrer Wohnung.

Frau Weber, wie war das nach dem Krieg in Deutschland, wenn man als Journalistin arbeiten wollte?

Ich wollte schon immer Journalistin werden, aber nicht etwa, weil ich Ahnung gehabt hätte von Journalismus oder der Welt überhaupt, sondern weil ich gern schrieb und beschrieb. In der Schule hab ich eine Schülerzeitung gemacht, aber das war eine ganz unpolitische Zeitung. Wir hatten lauter Nazilehrer, auch im Gymnasium nach dem Krieg. Wir haben das als Kinder und Jugendliche aber nicht gewusst. Ich habe erst Jahre später anlässlich einer Schulfeier begriffen, was da eigentlich statt fand. Wir haben eine eigentümliche Erziehung genossen. Der Geschichtsunterricht hörte so ungefähr im Mittelalter auf, an jüngere Geschichte hat sich unmittelbar nach dem Krieg keiner rangetraut. Wir schliefen förmlich, und die Mütter und Väter schwiegen, konnten nicht reden, bewerkstelligten das Wirtschaftswunder.

Dieses Schweigen hat dazu geführt, dass Sie Journalistin werden wollten?

Vielleicht, aber vor allem war es die Lust am Schreiben. Ich bin nach dem Abitur zum "Stadener Tageblatt", das gibt es heute noch, und habe kleine Lokalspitzen geschrieben. Damals war es so, dass man noch kein Studium brauchte, man musste einen Volontärsplatz finden. Ich nahm mit dem Hamburger Journalistenverband Kontakt auf, und in kürzester Zeit hatte ich Jobs bei kleineren Zeitungen, beim Delmenhorster Kreisblatt oder bei der Wilhelmshavener Zeitung. Dort habe ich zweieinhalb Jahre volontiert, in allen Ressorts, dann war man Jungredakteurin und verdiente 350 Mark, das war toll. Aus heutiger Sicht ist das unbegreiflich, aber wenn sie wissen, dass das Zimmer 25 Mark kostete, können sie sich das vorstellen.

Sie sind später nach München gegangen?

Ja, 1957, zusammen mit meinem Mann, ebenfalls Journalist. Mit 21 hatte ich geheiratet. Hier habe ich zunächst frei gearbeitet, dann einige Zeit bei der Abendzeitung, später bei der Frauenzeitschrift Yasmin und dann 22 Jahre lang bei der freundin.

War das die Zeit, in der sie angefangen haben, sich gewerkschaftlich zu engagieren?

Nein, das war noch in Norddeutschland. Langsam wachten wir Provinzkinder auf und guckten, was ist eigentlich los? Ich geriet an Menschen, die mir sehr bei meiner politischen Orientierung geholfen haben. Zum Beispiel einer der Chefredakteure, mit denen ich gleich am Anfang zu tun hatte, ein Antifaschist, der das KZ überlebt hatte. Es gab mehrere solche Begegnungen, die ein Aufwachen bewirkten. Plötzlich setzte man sich mit dem Krieg auseinander, mit dieser Weltkatastrophe. Und uns wurde klar, dass auch die Zersplitterung der linken Kräfte mit dazu beigetragen hatte, dass es überhaupt dazu hatte kommen können.
Als eine Antwort darauf wurde 1949 der DGB als Einheitsgewerkschaft gegründet. Unter diesem Dach versammelten sich die Journalisten, die meinten, man solle den Gedanken von der "United Front" auch dadurch zum Ausdruck bringen, dass man sich mit allen im Hause, also mit den Setzern und Druckern etc., in einer gemeinsamen Gewerkschaft befand. Ich hielt das auch für einen guten Gedanken, bis heute. So richtig aktiv bin ich aber erst später geworden.

Es gibt die dju und den DJV, warum hat man nicht gemeinsame Sache gemacht?

1949 entstand eine "Berufsgruppe der Journalisten im DGB", wie gesagt, sie war direkt beim DGB-Bundesvorstand angesiedelt und nannte sich zwischendurch auch "Berufsgruppe für Journalisten und Schriftsteller". 1951 kamen die Journalisten unter das Dach der Industriegewerkschaft Druck und Papier. 1960 schließlich erhielt ihre Gruppierung den Namen Deutsche Journalisten Union (dju). Parallel dazu gründete sich 1949 der Deutsche Journalisten Verband (DJV). Hier organisierten sich eher die Journalisten, denen nicht einleuchtete, sich als Journalist in eine Industriegewerkschaft begeben zu sollen. Ist auf den ersten Blick ja auch nicht so einfach. Sehr grob gesprochen versammelten sich auf der Seite der Gewerkschaft eher die linken, im DJV eher die "ständischen", konservativen Journalisten.
Aber es gab viele Jahre gute Zusammenarbeit, auch Pläne eines Zusammenschlusses, allerdings auch manchen Ärger. Am Anfang bestand das große Problem, dass die Verlegerverbände nur dem DJV Tariffähigkeit zugestanden, nicht aber der dju. Das heißt: die Verleger wollten mit uns nicht über Journalistengehälter und -arbeitsbedingungen verhandeln. Im Jahre 1966 wurde mit der "Aktion Federblitz" des IG Druck-Landesbezirks Nordrhein-Westfalen die Anerkennung der dju als Tarifpartei durchgesetzt. Damals ist vor allem die Technik für uns Journalisten auf die Straße gegangen.

weiter ...

 
 
 
 
 
 
 
 
 
      Zum Seitenanfang   Weiter...