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"Buchhalter mit angeschlossenem Fotolabor"
Werner Bachmeier, Fotojournalist,
zum Berufsbild des Bildjournalisten im
Gespräch mit Angela Grötsch am 17.04.2002
Herr Bachmeier,
Sie arbeiten seit 1982 als freier Fotojournalist.
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Eigentlich über mein Hobby. Ich habe
Elektromechaniker gelernt und bin 1975
im Rahmen einer DGB-Fotogruppe zur Fotografie
gekommen. Damals habe ich angefangen,
mich für Fotografie inhaltlich zu interessieren
und versucht, thematisch zu arbeiten,
was ich im Laufe der Zeit ausgebaut habe.
Über den zweiten Bildungsweg stand ich
vor der Frage, wie es beruflich weiter
geht. Meine Idee war, das Hobby mit der
beruflichen Perspektive zu verknüpfen.
In Köln habe ich Photoingenieurwesen studiert
- ein Studiengang mit technischen wie
auch gestalterischen Aspekten. Über dieses
Studium bin ich in die Fotografie richtig
reingewachsen. Während des Studiums hatte
ich bereits mein Geld mit der Fotografie
verdient. So hatte ich die Möglichkeit,
relativ nahtlos freiberuflich nach meinem
Studium tätig zu sein.
Sie arbeiten
im Bereich Industrie, Arbeitswelt und
Soziales. Nach welchen Gesichtspunkten
wählen Sie Ihre Themen aus?
"Auswählen" trifft es nicht. Ich habe
mein Thema und das heißt in erster Linie
"Arbeitswelt": Wie arbeiten und leben
Menschen im Jahr 2002. Auf diesem Gebiet
suche ich mir Themen, die ich für meinen
Kundenkreis, mein Fotoarchiv, weiterentwickeln
kann. Konkret sieht das so aus: Seit 1975
bin ich mit Leuten, Betrieben und Gewerkschaften
in Kontakt und versuche seitdem systematisch,
in Betrieben meine fotojournalistische
Sichtweise zu realisieren.
Können Sie einen
"normalen" Arbeitstag des Fotojournalisten
Werner Bachmeier skizzieren?
"Normal" ist schwierig. Ich beschreibe
mich oft etwas spöttisch als "Buchhalter
mit angeschlossenem Fotolabor". Ganz einfach
aus der Tatsache heraus, dass der fotografische
Anteil leider der kleinere ist. Ich weiß
nicht genau, ob es 20 oder 30 Prozent
meiner Arbeitszeit sind, die ich mit Fotografieren
verbringe - mehr sicher nicht. Der viel
größere Teil ist zum einen die Recherche:
Reinschauen, Hinschauen, Klären, in welche
Betriebe kann ich gehen, um dort zum Thema
zu arbeiten - zum anderen die Vermarktung,
und damit einhergehend ein immer größer
werdender Papierkrieg. Jede Redaktion,
die früher per Anstrich* honoriert hat,
braucht heute eine separate Rechnung.
All das kostet viel Zeit und es bedarf
einer sehr guten Organisation, um dabei
nicht unterzugehen. Der fotografische
Aspekt kommt leider oft erst an zweiter
Stelle und das macht mir auch Probleme.
* Anstrich:
Bezeichnung für die Honorierung der
Texte oder Bilder entsprechend der gedruckten
Ausgabe. Die Anweisung durch den Redakteur
war gleichzeitig Beleg für die Buchhaltung.
An wen verkaufen
Sie Ihre Bilder, wer sind Ihre Kunden?
In den 80iger Jahren habe ich hauptsächlich
für gewerkschaftliche Publikationen gearbeitet.
Durch die Verringerung der Publikationsvielfalt
beim DGB oder den Gewerkschaften hat sich
das im Laufe der Zeit massiv verändert,
was mir aber auch gut getan hat, weil
ich dadurch professioneller geworden bin.
Ich arbeite heute seriös mit jedem zusammen,
der mein Thema, meine journalistische
Sichtweise brauchen kann. Meine Kunden
sind, wie gesagt Gewerkschaften, aber
auch Wirtschaftsredaktionen, Firmen oder
z.B. Schulbuchverlage.
Sie bieten
Ihr Bildarchiv im Internet an. Redakteure
können Bilddateien direkt bei Ihnen bestellen
und herunterladen. Wie hat sich dieser
Vertriebsweg entwickelt? Verkaufen Sie
mittlerweile hauptsächlich über das Internet?
Die massivsten Veränderungen gab es sicherlich
während der letzten beiden Jahre. Als
ich angefangen habe, waren noch klassische
Schwarz/ Weiß-Prints üblich. Das hat sich
mit der Digitalisierung der Fotografie
vollkommen verändert. Heute wird fast
nur noch Farbmaterial verwendet, da man
aus einer Farbvorlage digital sehr schnell
ein gutes SW-Bild machen kann. Ich biete
meine Bilder seit 1997 ausschließlich
digital an. Seitdem fertige ich weder
Prints an, noch verschicke ich Dias.
Anfangs wurden die Bilddateien via ISDN
versendet. Parallel dazu fing ich an,
für meine Hauptkunden Themen-CDs zu produzieren.
Gezielt biete ich meinen Kunden CDs zu
einer Vielfalt von Themen an, wie z.B.
Büro, Einzelhandel, Handwerk, oder Maschinenbau.
Den CDs ist ein Katalog beigelegt, der
ganz entscheidend für die Präsentation
ist. Es war ein großer Schritt vom Print-Bild
hinein in diese Technik.
In den letzten zwei Jahren ist der Internetbereich
enorm interessant geworden. Einige Leute
beginnen gerade erst, sich damit anzufreunden
- diejenigen, die's "gefressen" haben,
wollen nichts anderes mehr. Ich bin heute
mit einer eigenen Homepage im Netz, um
meine sehr klare Themenstruktur zu präsentieren.
Über die letzten Jahre habe ich eine Struktur
erarbeitet, die eine Verschlagwortungs-
und Archivierungssystematik anbietet,
die andere Archive nicht besitzen. Auf
meiner Homepage kann man wie in einer
Hängeregistratur suchen - entweder themenbezogen
oder über Volltextsuche.
Die Themenstruktur bieten Online-Archive
heute selten gut, da kaum eine Agentur
die Vorarbeit einer solchen thematischen
Strukturierung leisten kann. Parallel
dazu liegen frei vermarktbare Bilder von
mir auf dem Server von "Photopool.de",
auf den große Redaktionen bundesweit zugreifen.
Etwa 250 bis 300 Kunden haben dort eine
Download-Berechtigung. Das wird in Zukunft
ein ganz wichtiger Bereich, weil auf einen
so großen Server natürlich auch mehr Kunden
zugreifen. Meine eigene Homepage ist in
erster Linie auf meine gewachsene Kundenstruktur
ausgerichtet, deren spezielle Bedürfnisse
von großen Servern nicht so personalisiert
bedient werden.
weiter ...
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vita |
- geb. 1957 in
München
- 2. Bildungsweg - Studium FH
Köln Dipl. Photoing. (Fotografie
u. Medientechnik)
- seit 1982 freier Fotojournalist
mit Bildarchiv:
- Schwerpunkt: Industrie- u.
Arbeitswelt, Kultur, Soziales,
Portrait
- lebt und arbeitet in Ebersberg
(25km östlich von München)
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